Neue Cannabis-Grenzwerte retten 40-Jährigen vor Fahrverbot

Ein aktueller Fall aus Oldenburg zeigt, wie entscheidend die jüngst angepassten Grenzwerte für Cannabis im Straßenverkehr sein können. Ein 40-jähriger Autofahrer, der wegen Fahrens unter Cannabis-Einfluss angeklagt war, konnte ein dreimonatiges Fahrverbot abwenden, nachdem das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) eine Gesetzesänderung berücksichtigte. Der Mann war ursprünglich vom Amtsgericht Papenburg verurteilt worden, da er den damaligen Grenzwert von 1 Nanogramm THC pro Milliliter Blut überschritten hatte. Der neue Grenzwert von 3,5 Nanogramm, der seit diesem Jahr gilt, führte jedoch zu seiner Freisprechung.

Der Fall: Bußgeldbescheid und Fahrverbot

Der Vorfall ereignete sich, als der 40-jährige Autofahrer einer Verkehrskontrolle unterzogen wurde. Ein Drogentest ergab, dass der THC-Gehalt in seinem Blut bei 1,3 Nanogramm pro Milliliter lag, was den damals gültigen Grenzwert von 1 Nanogramm überschritt. Aufgrund dessen verhängte der Landkreis Emsland ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro und ordnete ein dreimonatiges Fahrverbot an. Der Mann legte daraufhin Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, scheiterte jedoch zunächst vor dem Amtsgericht Papenburg. Das Gericht bestätigte das Urteil und hielt am Fahrverbot sowie der Geldstrafe fest.

Doch der 40-Jährige gab nicht auf und reichte Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Oldenburg ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Rechtslage bereits geändert: Die Grenzwerte für THC im Blut von Autofahrern wurden erhöht, um besser zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und tatsächlicher Fahruntauglichkeit zu unterscheiden. Dies sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass Cannabis im Gegensatz zu Alkohol noch lange nach dem Konsum im Blut nachweisbar ist, auch wenn die Wirkung längst nachgelassen hat.

Neue Grenzwerte für Cannabis im Straßenverkehr

Seit April 2024 gelten in Deutschland neue Grenzwerte für den Konsum von Cannabis im Straßenverkehr. Der zulässige Grenzwert für THC im Blut wurde von 1 Nanogramm pro Milliliter auf 3,5 Nanogramm angehoben. Diese Änderung trägt den wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, dass geringe Mengen THC im Blut nicht zwangsläufig auf eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit hindeuten.

Die bisherige Grenze von 1 Nanogramm war in der Kritik, da sie häufig dazu führte, dass Personen auch dann als fahruntauglich galten, wenn sie Cannabis bereits vor mehreren Tagen konsumiert hatten und die Wirkung längst abgeklungen war. THC bleibt im Gegensatz zu Alkohol länger im Körper nachweisbar, auch wenn keine akute Rauschwirkung mehr vorliegt. Dies führte dazu, dass gelegentlicher Cannabis-Konsum außerhalb des Straßenverkehrs teilweise zu drastischen Strafen führte, obwohl keine Gefährdung vorlag.

Mit der Anhebung des Grenzwertes auf 3,5 Nanogramm wird diese Problematik entschärft. Nur wer tatsächlich unter akutem Cannabis-Einfluss steht und damit seine Fahrtüchtigkeit gefährdet, soll weiterhin mit Sanktionen belegt werden. Diese Anpassung ist Teil der umfassenderen Reformen zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland, die darauf abzielen, den Konsum von Cannabis zu entkriminalisieren, ohne dabei die Sicherheit im Straßenverkehr zu gefährden.

Freispruch am Oberlandesgericht

Im Fall des 40-jährigen Autofahrers führte die Gesetzesänderung schließlich zu einem Freispruch. Das Oberlandesgericht Oldenburg argumentierte, dass der Mann zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle zwar die damalige Grenze von 1 Nanogramm überschritten hatte, jedoch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage mit einem THC-Wert von 1,3 Nanogramm nicht mehr als fahruntauglich gelten könne. Der neue Grenzwert von 3,5 Nanogramm sei ausschlaggebend, und da der Autofahrer diesen nicht überschritten habe, sei das verhängte Fahrverbot und die Geldstrafe ungerechtfertigt.

Das OLG stellte zudem fest, dass eine rückwirkende Anwendung des neuen Grenzwertes im Sinne des Angeklagten zulässig sei. Die Gesetzesänderung diene dem Zweck, künftig klarer zwischen bloßem Konsum und tatsächlicher Fahruntauglichkeit zu unterscheiden. Damit wurde dem 40-Jährigen sowohl das Fahrverbot erlassen als auch die Geldstrafe von 1.000 Euro.

Reaktionen und Auswirkungen der neuen Grenzwerte

Der Freispruch des Autofahrers durch das Oberlandesgericht Oldenburg hat eine Signalwirkung für ähnliche Fälle, die unter der alten Gesetzeslage verhandelt wurden. Durch die neuen Grenzwerte wird eine klare Linie zwischen gelegentlichem Konsum und akuter Fahruntüchtigkeit gezogen, was viele Verkehrsteilnehmer entlastet, die in der Vergangenheit durch die niedrigen Grenzwerte bestraft wurden.

Kritiker der alten Regelung hatten immer wieder betont, dass es unverhältnismäßig sei, Menschen aufgrund minimaler THC-Spuren im Blut, die keinen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben, zu sanktionieren. Auch von juristischer Seite gab es immer wieder Anfechtungen gegen Bußgelder und Fahrverbote, die auf Basis der alten Grenzwerte verhängt wurden. Der nun erfolgte Freispruch in Oldenburg zeigt, dass die neuen Grenzwerte eine gerechtere Grundlage für den Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr schaffen.

Für viele Autofahrer bedeutet die Anhebung des Grenzwertes eine Entlastung. Wer gelegentlich Cannabis konsumiert, muss nun nicht mehr fürchten, bei einer Verkehrskontrolle aufgrund geringer Mengen THC im Blut sofort seinen Führerschein zu verlieren. Gleichzeitig bleibt jedoch der Schutz vor tatsächlicher Beeinträchtigung im Straßenverkehr gewährleistet, da Personen, die unter erheblichem Einfluss von Cannabis stehen, weiterhin hart sanktioniert werden.

Fazit: Grenzwerte für mehr Gerechtigkeit

Die neuen Cannabis-Grenzwerte sind ein wichtiger Schritt, um die Rechtslage im Straßenverkehr an die Realität des Cannabiskonsums anzupassen. Der Fall des 40-jährigen Autofahrers aus dem Landkreis Emsland zeigt, dass die alte Regelung oft zu unverhältnismäßigen Strafen führte. Mit der Anhebung des Grenzwertes auf 3,5 Nanogramm wird nun eine fairere Beurteilung der Fahrtüchtigkeit ermöglicht. Der Freispruch des Mannes verdeutlicht, dass die Gesetzesänderung zu einer gerechteren Behandlung von Autofahrern führt, die Cannabis konsumieren, ohne den Straßenverkehr zu gefährden.

Redaktion

Geschrieben von HaZ Lena Rauch
gepostet in Allgemein
am Donnerstag, 12.09.2024